Die Kurienreform und der Amtsverzicht von Kardinal Marx


Am 11. Februar wurde eine durchaus überraschende Nachricht von Kardinal Reinhard Marx veröffentlicht, in welcher er seinen Verzicht auf die Kandidatur, um eine zweite Amtszeit als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) offiziell machte. 

Er begründete seinen Verzicht damit, dass seiner Meinung nach “die jüngere Generation an die Reihe kommen” sollte und er auch verstärkt wieder in seinem eigenen Erzbistum München und Freising, welches er seit dem Jahr 2008 leitet, präsent sein will. 

Kardinal Reinhard Marx (REUTERS/RT)
Die Nachricht war vor allem überraschend, da mit dem Synodalen Weg ein scheinbares Wunschprojekt von dem 66-Jährigen in Erfüllung ging. Viele Themen die dort bereits in der ersten Vollversammlung besprochen wurden und in Zukunft besprochen werden sollen, sind Themen die der Münchner Erzbischof selber gerne eingeführt haben will oder zumindest im größeren Rahmen einen Diskurs darüber sehen will. 
In seinem traditionellen Jahresabschluss-Gespräch des Jahres 2018, nannte er, in Bezug auf die MHG-Studie, dass man besonders die Themen Sexualmoral, Priesterliche Lebensformen und Machtmissbrauch. Alle drei Themen wurden dann im März des folgenden Jahres als Teil des Synodalen Wegs beschlossen.

Warum will sich Kardinal Marx nicht für eine zweite Amtszeit bewerben und dadurch diesen Synodalen Weg als Teil des Präsidiums weiterhin zu leiten, anstatt nur ein Teil der Vollversammlung dieses Synodalen Wegs zu sein?

Ein Hinweis auf die Antwort könnte in einem Medienbericht der Herder Korrespondenz vom letzten Oktober gefunden werden, welche damals einen Entwurf der neuen Apostolische Konstitution Praedicate evangelium veröffentlichte. In dieser wurde damals eine Veränderung beim Amt des Camerlengos erwähnt, welche Kardinal Marx in dieses Amt gebracht hätte.

Der Camerlengo, oder auch Kardinalkämmerer der Heiligen Römischen Kirche, ist der Kardinal, welcher in der Sedisvakanz den Heiligen Stuhl verwaltet und das Konklave organisiert. Auch ist der Camerlengo für die Bestätigung des Todes eines Papstes zuständig und muss daher eigentlich in Rom residieren.
Dieser Camerlengo wurde bisher vom Papst zu diesem Posten ernannt, so auch der amtierende Amtsinhaber Kardinal Kevin Joseph Farrell, Präfekt des Dikasteriums für Laien, Familie und Leben. 

In Praedicate evangelium ist wohl vorgesehen, dass der Kardinal-Koordinator des Wirtschaftsrats in Zukunft auch die Rolle des Camerlengo übernehmen wird. Der Kardinal-Koordinator leitet den Wirtschaftsrat, welcher aus acht Kardinälen bzw. Bischöfen und sieben Laien besteht und eben jener ist der deutsche Kardinal Reinhard.
Könnte also Kardinal Marx für dieses Amt tatsächlich nach Rom wechseln oder, abgesehen des Amtes, ist die größere Frage, ob tatsächlich die Möglichkeit bestünde, dass Kardinal Marx an die Kurie wechselt?

Praedicate evangelium soll im Juli dieses Jahres veröffentlicht werden und wird die gesamte Struktur der Römischen Kurie umstrukturieren. Und wen findet man inmitten dieser Reform? Kardinal Reinhard Marx, welcher, als Teil des Kardinalsrat, diese neue Verfassung mit verfasst hat. 

Bei einem Blick auf die aktuellen Präfekte und Präsidenten der Kongregationen, Dikasterien und Päpstlichen Räte, dann sieht man dort mindestens sechs wichtige Ämter, die von Kardinälen besetzt sind, welche schon über dem Rücktrittsalter von 75 Jahren oder kurz davor liegen. 
Papst Franziskus wird also nach der Einführung von Praedicate evangelium oder noch davor mehrere Personalwechsel vornehmen und hier kann Kardinal Marx durchaus ins Spiel kommen.

Als enger Vertrauter von Papst Franziskus könnte dieser ihn auch an die Kurie holen, um jemanden in der Kurie zu haben, welcher dieser Vision der Kurie nicht nur zustimmt, sondern diese auch mitentworfen hat.
Kardinal Marx ist in der Katholischen Kirche sehr gut vernetzt und das nicht nur in Europa, wo er für sechs Jahre als Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft tätig war. 
Eine Anstellung als Präfekt einer zukünftiger Form der Bischofskongregation, welche aktuell von Kardinal Marc Ouellet P.S.S. (75) geführt wird, oder einer zukünftigen Form der Kleruskongregation, welche aktuell von Kardinal Beniamino Stella (78) geleitet wird, scheint nun mehr und mehr realistisch.

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